Annie liebt Duncan – zumindest glaubt sie das. Duncan liebt Annie, bis er es auf einmal nicht mehr tut. Duncan liebt Tucker Crowe, den zurückgezogenen Rockmusiker, der seit Jahren keine Musik mehr macht. Annie hört auf, Duncan zu lieben, und beginnt, ihr eigenes Leben zu leben – vielleicht mit ebenjenem Tucker Crowe?
Juliet, Naked ist
nicht das, was es verspricht – so viel sei schon zu Beginn gesagt.
Glaubt man dem Klappentext ist es die Geschichte von
Annie, einer Kleinstadt-Museumsdirektorin um die vierzig, die sich von ihrem
alten Leben loslöst und neue Liebe findet. Die Realität des Buches sieht ganz
anders aus.
Beginnen wir aber beim Anfang, der durchaus stark ist. Annie
und ihr Lebensgefährte befinden sich auf einer Art Pilgerfahrt durch die USA –
auf den Spuren von Tucker Crowe, einem Musiker, der in den 80ern
komplett von der Bildfläche verschwand. Ebenjener Musiker ist Dreh- und
Angelpunkt der Story. Er ist Duncans größter Lebensinhalt, möchte man fast
meinen. Annie teilt diese Faszination nicht – was der Aufhänger für den Konflikt
des Buches ist. Als Duncan – als erster den kleinen Gruppe von „Crowologisten“ –
bisher unveröffentlichte Demos von Crowes Album Juliet, betitelt mit Juliet,
Naked, zu hören bekommt, möchte er seine Begeisterung mit Annie teilen.
Diese ist jedoch in keinster Weise Feuer und Flamme, sondern sieht die Demos
als das, was sie sind – halbgare Ideen, die nicht mit der Größe des
eigentlichen Albums mithalten können. Es folgt ein Streit, Duncan schläft mit
einer Kollegin und Annie wird überraschend von Tucker Crowe angemailt. Annie
trennt sich von Duncan, verknallt sich ein bisschen in Tucker und das Leben
geht weiter.
Große Gefühle – Fehlanzeige. Juliet, Naked hat sich sehr komfortabel im Bereich Slice Of Life
eingenistet. Der Leser schaut zu, wie die drei Hauptcharaktere unzufrieden mit
ihrem Leben sind, aber relativ wenig tun, um das zu ändern. Er schaut zu, wie
zwei praktisch Fremde, nett zueinander sind, miteinander schlafen und dann in
ihrem Leben weitergehen. Dann ist da noch ein Therapeut, dessen Funktion ich
nicht wirklich herausfinden konnte, eine Ausstellung mit Teilen eines in den
60ern gestrandeten Hais und ein Buch, das die wirklich interessanten Teile
seiner Geschichte ignoriert.
Die Charaktere wirken farblos, leidenschaftslos. Duncan
ist der einzige, der Leidenschaft für irgendetwas zeigt, und seine obsessive
Liebe Crowes lässt sich allzu leicht als Fanboytum abstempeln. Das Buch endet
recht enttäuschend genau an der Stelle, wo es meiner Meinung nach hätte
interessant sein können.
Hornby in allen Ehren, Juliet, Naked war für mich eine Enttäuschung. Ein nettes Buch, aber
keines, das länger im Gedächtnis bleibt, als man zum Lesen braucht. Es ist
leichte Lektüre, Entspannungslektüre, vielleicht ein Buch für den Urlaub, wenn
man nicht zu viel denken möchte. Aber es ist in keinem Fall das Meisterwerk,
das es (laut Pressestimmen) verspricht, zu sein.
Ach, wer sich über den Titel wundert, ich sitz gerade in der Vorlesung. ;)
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