Samstag, 23. Oktober 2010
Söldnerhumor
"Er ist gerade aus einem Fenster im dritten Stock gefallen und in den sicheren Untergang gestürzt. [...] Natürlich überlebt er das!"
Jeder Bücherwurm kennt wohl das Gefühl, wenn er sich irgendwo mit einem guten Buch eingekuschelt hat und die Seiten nur so verfliegen. Man will unbedingt wissen, was passiert. Gleichzeitig will man aber auch nicht, dass das Buch endet. Dieses Gefühl habe ich trotz guter Bücher nur sehr selten. Es ist das, was ich bei Brandon Sandersons „Sturmklänge“ gefühlt habe.
In Hallandren, dem Reich des unsterblichen Gottkönigs, kehren die gefallenen Helden als Götter zurück. Ausgestattet mit den magischen Kräften der Farben und der Lebenshauche der Menschen herrschen sie über das Land.
Die junge Prinzessin Siri wird mit dem Gottkönig vermählt und lernt nun die fremdartige Welt der Unsterblichen kennen. Dabei stößt sie schon bald auf ein dunkles Geheimnis – denn einer der Götter hat ganz eigene, tödliche Pläne ...
Das Buch erzählt die Geschichte zweier Königreiche, die sich seit Jahrzehnten am Rande eines Krieges befinden. Verzweifelt und in dem Bewusstsein, einen Krieg nicht gewinnen zu können, sendet der König des kleinen Reiches Idris seine jüngste Tochter Siri nach T’Telir, der Hauptstadt Hallandrens, damit sie die Frau des Gottkönigs wird. Entschlossen, sie vor diesem Schicksal zu retten, macht ihre ältere Schwester Vivenna sich auf den Weg nach Hallandren.
Im Buch werden die Geschichten der beiden Prinzessinnen gekonnt verwoben. Zwischen Intrigen, Gefangenschaft und Unwissen entwickeln sich beide weiter und verändern sich.
Was mich so sehr an diesem Buch fasziniert, sind die Charaktere. Sie alle könnten unterschiedlicher nicht sein und entwickeln sich mitunter in Richtungen, die ich beim Lesen nicht erwartet hatte. Genaue Einschätzungen der Charaktere sind am Anfang kaum möglich, denn eines zeigt Sanderson in seinem Buch doch sehr deutlich: Der Schein trügt, Einschätzungen können falsch sein.
Ohne spoilern zu wollen ist das für mich am offensichtlichsten, wenn es um den „Bösewicht“ des Buches geht. Durch die unterschiedlichen Blickwinkel der Charaktere angetrieben verändert sich die Form dieses Bösewichts immer wieder.
Auch faszinierend ist die Form der Magie, die Sanderson hier benutzt hat. Jeder Mensch besitzt von Geburt an einen „Hauch“ oder ein „Biochroma“. Dieses kann sowohl erweitert als auch weggegeben werden, ohne dass der Mensch stirbt. Allerdings beeinflusst der Hauch sein Gespür für Farben, Töne und andere Menschen. Während Menschen mit viel Hauch die Welt um sich herum sozusagen zum Glühen bringen, kommt Menschen ohne Hauch die Welt dumpf vor. Der Hauch ist aber nicht nur zum Schön-Sein gedacht. Mit genügend Übung kann man damit leblose Dinge erwecken und sie Befehlen folgen lassen. Sogar Leichen können erweckt werden.
Der Hauch ist der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Durch ihn sind die vom Tod zurückgekehrten Götter gekennzeichnet und er begründet die Macht Hallandrens.
Ich finde es schwierig, dieses Buch zu beschreiben, ohne etwas über die Geschichte zu verraten. Deshalb sei jeder Leser gewarnt. ;)
Die für mich interessantesten Charaktere waren der Söldner Denth und Vascher mit seinem Schwert Nachtblut. Beide waren für mich anfangs schwer einzuschätzen und haben sich in eine Richtung entwickelt, die ich nicht geahnt hatte. Ihr wichtigster Verbindungspunkt ist wohl Prinzessin Vivenna, die beiden zeitweilig hilft. Überhaupt fand ich Vivennas Beziehungen zu den beiden sehr interessant.
Vivenna ist ebenfalls ein Fall für sich. Anfangs konnte ich sie gar nicht leiden. Sie war überheblich, stolz und dabei so dumm, dass ich mir oft überlegt habe, ob ich das Buch nicht einfach weglegen sollte. Ich bin froh, dass ich es nicht getan habe. Vivennas Motivation am Anfang rührt daher, dass sie eigentlich diejenige hätte sein sollen, die den Gottkönig heiratet. Die Aufgabe fiel Siri zu und Vivenna war auf einmal unwichtig. Das war ihr treibendes Element, sie wollte wieder wichtig sein. Mit der Zeit ändert sich das jedoch.
Auch der Gottkönig ist ganz anders, als man erwarten könnte. Diese andere Seite an ihm entdeckt man jedoch nur, weil Siri nicht folgsam sein konnte.
Ich muss sagen, dass mir die Charaktere durchgängig gefallen haben. Das ist selten bei Büchern. Irgendwo gibt es sonst immer einen, den ich nicht mag. Hier jedoch konnte ich sie verstehen, mit ihnen fühlen und das hat ziemlich viel ausgemacht.
Der Shipper in mir hat sich übrigens auch zu Wort gemeldet. So viele Möglichkeiten, so viele Charakterbeziehungen. Um es mit Nachtbluts Worten zu sagen: „Du magst Vivenna auch!“ ;)
Insgesamt ist dieses Buch sehr zu empfehlen. Kaum eines hat mich in letzter Zeit so mitgenommen wie „Sturmklänge“. Wer Fantasy mag, sollte es sich in jedem Fall mal anschauen.
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Labels:
Brandon Sanderson,
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